Arbeiter-Touring-Bund ATB / Arbeiter-Radfahrer-Bund der Schweiz "Solidarität", Union du Touring ouvrier UTO


Identifikation

Signatur:

Ar 51

Entstehungszeitraum / Laufzeit:

1906-2013

Umfang:

10.8 m


Kontext

Verwaltungsgeschichte / Biographische Angaben
Die Gründung des ATB geht auf das Jahr 1916 zurück. Damals riefen mehrere schweizerische Sektionen des deutschen „Arbeiter Radfahrer-Bund ‚Solidarität‘“ den „Arbeiter Radfahrer-Bund der Schweiz ‚Solidarität‘“ ins Leben. 1930 wechselte der Verband seinen Namen zu „Arbeiter Touring Bund der Schweiz ‚Solidarität (ATB)‘“, um vermehrt auch motorisierte Mitglieder zu gewinnen.

Der ATB ist Sport- und ein Verkehrsverband zugleich. Das sportliche Schwergewicht liegt auf den Hallsportarten (Radball, Kunstradfahren) und auf der Organisation von Tourenfahrten. Vor allem in den 30er Jahren wurden auch sogenannte Massenreigen durchgeführt. Zudem organisierte der ATB Geschicklichkeits- und Orientierungsfahrten, unter anderem auch für Motorrad- und Autofahrer. Als Arbeiterorganisation legte der Verband vor allem in den 20er und 30er Jahren grossen Wert auf Selbstdisziplin und solidarisches Verhalten und grenzte sich von den in bürgerlichen Verbänden betriebenen Einzelwettkämpfen ab. Bis 1962 war die Teilnahme an einem Radrennen ein zwingender Ausschlussgrund. Das Tourenfahren wurde durch eine Reihe von Dienstleistungen unterstützt (Unfallversicherung, Einkehrstellenverzeichnisse, Erledigen von Grenzformalitäten, Tourenvorschläge etc.). Das Schwergewicht der verkehrspolitischen Tätigkeit lag zuerst auf der Verteidigung von Radfahrerinteressen gegenüber den Behörden. Dazu zählte etwa das Eintreten für Radwege und das Bekämpfen von Steuern für Radfahrer (Nummernzwang). Im Hinblick auf eine möglichst breite Mitgliedschaft wurden auch zunehmend die Interessen der motorisierten Verkehrsteilnehmer vertreten. Als Verkehrsverband war der ATB verschiedenen übergeordneten Interessenverbänden angeschlossen, z.B. Schweizerischer Autostrassenverein, regionale Verkehrsligen. Als Arbeiterorganisation gehörte er der Arbeitsgemeinschaft Schweizerischer Arbeiter-Sport- und Kulturverbände (ASASK) an

Der ATB zählte in den 30er Jahren über 20‘000 Mitglieder. In der Zeit nach dem zweiten Weltkrieg ging die Mitgliederzahl kontinuierlich zurück. Trotz intensiver Bemühungen um die Mitgliedschaft von Autobesitzern waren nur ungefähr ein Drittel der ATB-Mitglieder motorisiert. Seit den 30er Jahren gründeten die motorisierten Mitglieder eigenen Sektionen, sogenannte A.M.S (Arbeiter Motorfahrer-Sektionen). Der ATB kannte bis 1962 den Organisationszwang, das heisst, die Mitgliedern mussten entweder einer Linkspartei oder einer Gewerkschaft des SGB angehören. Der Verband war sozialdemokratisch orientiert, wenngleich vor allem in den 20er und 30er Jahren einige Sektionen kommunistische Mehrheiten hatten.

Bis 1960 war der ATB nach dem Vorortsprinzip organisiert. Die Berner Stadtsektion wählten den Zentralvorstand, der auch die zentralen Dienstleistungen (Zentralsekretariat) betreute. Oberstes Organ war der Bundestag, eine Delegiertenversammlung, die alle zwei Jahre stattfand. In den Jahren, in dem kein Bundestag stattfand, wurde ein Bundesfest organisiert. Daneben gab es eine Reihe von gesamtschweizerischen Kommissionen (Geschäftsprüfungskommission, Technischer Ausschuss etc.). Die einzelnen Sektionen (rund 300) waren in 12 (vorübergehend 13) regionalen Bezirken (auch Regionen) zusammengefasst. Bezirksgrenzen und Kantonsgrenzen deckten sich nur teilweise. Nach einer Statutenrevision im Jahr 1960 wurde der Zentralvorstand vom Bundestag gewählt. Gleichzeitig wurde eine Geschäftsleitung gegründet, welche fortan für die laufenden Geschäfte zuständig war.

An der ausserordentlichen Delegiertenversammlung vom 27. Oktober 2018 wurde eine neuerliche Namensänderung beschlossen. Der ATB Schweiz nennt sich neu «Swiss Indoor- & Unicycling».

Seit 1922 gab der ATB eine gesamtschweizerische Zeitung heraus (bis 1932 „Arbeiter Radfahrer“), dann „Arbeiter-Touring“, seit 1985 „Verkehr und Sport“). Von 1935 bis 1964 erschien das gesamtschweizerische Jugendorgan „der junge Radler“.

Zentralpräsidenten:

Gaudard bis 1922

Ernst Iseli 1922 bis 1960

Max Kistler 1960 bis 1972

Helmut Hubacher 1972 bis 1976

Max Chopard 1976 bis 1982

Ernst Eggenberg 1982 bis 1986

Albert Eggli 1986 bis 1994

Max Zülli 1995 bis 2004

Martin Borter 2005 bis 2015

Peter Schuhmacher 2016 bis

Zentralsekretäre:

Heinrich Madlinger ca. 1930 bis 1947

Arnold Riesen ca. 1930 bis 1947

Hugo Jordy 1948 bis 1973

Arthur Lerch 1973 bis 1981

Alois Steinger 1981 bis 1990

Walter Dellsperger 1990 bis ?

Fränzi Hirter 1990 bis 1996

Lilo Fröhlin seit 1997
Übernahmemodalitäten
Eingang 1997 aus dem Zentralsekretariat des ATB in Bern. Die Ablieferung wurde seitens des ATB von Lilo Fröhlin betreut. Nachlieferung im Herbst 2007 (Dossiers SOZARCH Ar 51.40.28-Ar 51.40.31, Dossier Ar 51.60.5). Die Nachlieferung von 2014 (Eingang: 07.05.2014) wurde unter der Signatur SOZARCH Ar 546 verzeichnet.

Inhalt und innere Ordnung

Form und Inhalt
Das Archiv gibt einerseits Aufschluss über die Verkehrspolitik, ist aber auch kulturpolitisch von Interesse, weil es die detaillierte Rekonstruktion des Vereinslebens einzelner Sektionen oder von Verbandsfesten erlaubt. Es besteht vor allem aus Unterlagen des Zentralsekretariats und der schweizerischen Verbandsgremien. Ausserdem enthält es einige Unterlagen von Sektionen, die nach deren Auflösung dem Zentralsekretariat übergeben wurden. Dieses Material stammt aus allen Regionen der Deutschschweiz. Es sind sowohl Unterlagen aus städtischen als auch aus ländlichen Sektionen dabei.

Ein Schwergewicht bilden Protokolle, bis 1960 vorwiegend handgeschrieben, in Protokollbüchern gebunden. Auch grosse Teile der Korrespondenz des Zentralsekretariats sind seit den späten 30er Jahren erhalten.

Ebenfalls abgeliefert wurden bestickte Fahnen sowie Filme aus den 30er Jahren, die das Verbandsleben dokumentieren.

Das Archiv gibt einerseits Aufschluss über die Verkehrspolitik, ist aber auch kulturpolitisch von Interesse ist, weil es die detaillierte Rekonstruktion des Vereinslebens einzelner Sektionen oder von Verbandsfesten erlaubt.

Speziell hervorzuheben ist der Bestand an Objekten (insbesondere Fahnen und Wimpel) und audiovisuellen Dokumenten.
Bewertung und Kassation
Kassiert wurden – von ein paar exemplarischen Ausnahmen abgesehen – Kassabelege und Journale sowie Mitgliederkarteikarten.
Neuzugänge
Es werden Neuzugänge erwartet.

Zugangs- und Benutzungsbedingungen

Zugangsbestimmungen
Der Bestand ist im Lesesaal des Schweizerischen Sozialarchivs ohne Benutzungsbeschränkungen einsehbar.
Sprache/Schrift
Unterlagen in deutscher Sprache

Sachverwandte Unterlagen

Verwandte Verzeichnungseinheiten

Im Schweizerischen Sozialarchiv sind zahlreiche Archivbestände von ATB-Sektionen vorhanden.

Veröffentlichungen
ATB-Publikationen im Schweizerischen Sozialarchiv:

Verzeichnungskontrolle

Informationen der Bearbeiter*in
Bearbeitet 1998 von Thomas Zürcher; Nachlieferung im Herbst 2007 bearbeitet von Daniel Röttele