Oettli, Marie-Louise (1908-1997)


Identifikation

Signatur:

Ar 147

Entstehungszeitraum / Laufzeit:

1906-1991

Umfang:

0.8 m


Kontext

Verwaltungsgeschichte / Biographische Angaben
Mascha Oettli kam am 11. Juni 1908 zur Welt. Ihre Kindheit verbrachte sie in Glarisegg bei Steckborn am Untersee in einem intellektuellen, kultivierten und weltaufgeschlossenen Milieu. Ihr Vater, Max Oettli, war Lehrer für naturwissenschaftliche Fächer im dortigen Land-Erziehungsheim. Ihre Mutter, Natalie (Tata) Oettli-Kirpitschnikowa, Tochter eines bekannten russischen Professors, war zunächst Lehrerin in Russland gewesen, bevor sie in die Schweiz gekommen war, um Medizin zu studieren. Im Dezember 1905 heirateten Max Oettli und Natalie Kirpitschnikowa. Sie hatten sechs Kinder.

Im Frühling 1921 siedelte die Familie Oettli nach Vers-chez-les-Blanc bei Lausanne um, da der Vater die Stelle des Zentralsekretärs des Schweizerischen Abstinentenbundes in Lausanne angenommen hatte. Mascha besuchte in Lausanne das Mädchen-Gymnasium. Sie interesssierte sich für die aktuelle Politik und wurde Mitglied der Mittelschüler-Bewegung, wo sie die später sehr bekannnt gewordenen Sozialdemokraten Eugen Steinemann und Ruedi Schümperli (Escherbund) kennen lernte.

Nach der Matur begann Mascha Oettli ein Studium der Medizin und der Naturwissenschaften. Dann hörte sie von der deutschen Schule ‘Walkemühle‘ in Melsungen (Hessen), an der Minna Specht und Leonard Nelson wirkten und an der man sich das sozialistische Rüstzeug erwerben konnte. Die volkswirtschaftlichen Lehrinhalte interessierten Mascha Oettli, und sie verpflichtete sich bei der ‘Walkemühle‘ für drei Jahre. Danach und nach praktischen landwirtschaftlichen Erfahrungen in Thüringen entschloss sich Mascha Oettli, in Berlin Agronomie zu studieren. An der landwirtschaftlichen Hochschule in Bonn machte sie das Examen mit einer Arbeit über die „Verschuldung der schweizerischen Landwirtschaft“.

Während ihrer Zeit in Deutschland leistete Mascha Oettli Widerstandsarbeit gegen den Nationalsozialismus und wurde denunziert. Sie kehrte in die Schweiz zurück, wo sie zunächst auf der Lenzerheide eine Tuberkulose-Erkrankung auskurieren musste. Dann fand sie bei Hans Oprecht in Zürich eine Anstellung im VPOD-Sekretariat und wirkte dort auch als Redaktorin der Verbandszeitung, als Übersetzerin und als Archivarin und Bibliothekarin. Später wechselte sie zur Gewerkschaft VHTL und war auch dort für die Zeitung verantwortlich. Danach bekam sie die Stelle als Sekretärin beim Schweizerischen Landfrauen-Verband in Brugg. Als sie dort aus politischen Gründen gehen musste, wurde sie 1952 auf Empfehlung von Hans Oprecht und Regina Kägi-Fuchsmann Zentralsekretärin der SPS. Parallel dazu trat sie die 25%-Stelle als Zentralsekretärin bei den Sozialdemokratischen Frauengruppen der Schweiz an.

In diesem Rahmen hat sie während achtzehn Jahren bis zu ihrer Pensionierung ein breites Aktionsfeld entfaltet: Ausbau der Frauenarbeit durch Schulungskurse, Pionierarbeit für das Frauenstimm- und Wahlrecht, Kontakte auf internationaler Ebene mit Exponentinnen der Sozialdemokratischen Frauenbewegung, namentlich des ‘Internationalen Rats Sozialdemokratischer Frauen‘ (IRSF). Fruchtbar war auch ihre Arbeit in der landwirtschaftlichen Kommission.

Mascha Oettli hat fünf Wochen lang Indien bereist und anschliessend bei den Schweizerischen SP-Frauengruppen Geld für eine Schule in Kalkutta gesammelt. Über viele Jahre hat sie das Ferien- und Schulungszentrum Al Forno im Tessin verwaltet (zu dieser Tätigkeit siehe die historische Notiz bei der entsprechenden Unterserie, S. 6).

1983 zog Mascha Oettli von der Stadt Zürich weg nach Bolligen (BE). Sie verstarb am 27. April 1997 im Alters- und Pflegeheim Stapfenmatt in Niederbuchsiten (SO).
Übernahmemodalitäten
Der vorliegende Archivbestand wurde dem Schweizerischen Sozialarchiv am 4. Oktober 2001 im Alters- und Pflegeheim Stapfenmatt in Niederbuchsiten (SO), wo er seit 1997 aufbewahrt wurde, durch dessen Leiter, Herrn Wernli, übergeben.

Inhalt und innere Ordnung

Form und Inhalt
Das Archiv umfasst in der Hauptsache Schrift- und Bild-Dokumente sowohl aus dem privat-familiären Bereich als auch aus dem politisch-beruflichen Kontext, wobei die Dokumente zur ‘Feriengemeinschaft Al Forno‘ hier eine interessante Schnittstelle bilden.

Etliche Dokumente konnten nicht genau bestimmt werden, so z.B. sind die Aufsätze (Typoskripte) von Mascha Oettli (Ar 147.10.2, Mappe 3) nur annähernd datierbar, bei den Fotodokumenten fehlt die Bildlegende fast immer, so dass neben der Datierung auch die Identifizierung des Dargestellten sich schwierig gestaltet.

Leider sind grössere Teile des Bestandes durch einen Wasserschaden beeinträchtigt, wobei die Familienchronik (1944) von Natalie Oettli-Kirpitschnikowa (Ar 147.10.1, Mappe 2) am meisten betroffen ist (zerstörte Textseiten und Fotografien). Stark angegriffene Korrespondenz-Dokumente (Ar 147.10.1, Mappe 3) sowie beschädigte persönliche Ausweise (Ar 147.10.2, Mappe 1) wurden deshalb zur weiteren Erhaltung durch Fotokopien ersetzt.
Neuzugänge
Es werden keine Neuzugänge erwartet.

Zugangs- und Benutzungsbedingungen

Zugangsbestimmungen
Der Bestand ist im Lesesaal des Schweizerischen Sozialarchivs ohne Benutzungsbeschränkungen einsehbar.
Sprache/Schrift
Unterlagen in deutscher Sprache

Sachverwandte Unterlagen

Verwandte Verzeichnungseinheiten
Veröffentlichungen

Verzeichnungskontrolle

Informationen der Bearbeiter*in
Die Bearbeitung und Erschliessung der Archivalien erfolgte im März und April 2002 durch Ulrike Schelling.